Luxemburg - abseits der Hauptstraßen

Das Großherzogtum Luxemburg ist zwar das zweitkleinste Flächenland der EU. Für uns Motorradfahrer ist dies aber unbedeutend, kann man hier doch mehr als 300 Kurvenkilometer abreißen, ohne eine Straße zweimal zu benutzen.

Ich weiß nicht mehr, wer mir davon berichtet hatte. Da sei doch dieser hübsche Motorrad-Treffpunkt an der Sauer (lux.: Sûre) im Nord-Westen des Landes, den man unbedingt gesehen haben sollte. High Chapparal, ein gemütliches Café Bar Bistro beim Campingplatz an der Sauer, wo man auch lecker essen und die große Terrasse mit Blick auf den Fluss genießen kann. Das sollte doch wohl genügend Anreiz sein, mal wieder eine kleine Runde mit dem alten 2-Ventiler zu drehen. Außerdem versprach es heute noch einer der letzten schönen Herbsttage mit viel Sonne zu werden. Also nichts wie rauf auf die R100 und den Startknopf gedrückt zur ca. 220 km langen Runde.

Karte: die Strecke, ca. 220 km

Zunächst führte die Strecke durch die Südeifel. In Irrel traten beim Hochwasser im letzten Jahr gleich zwei Flüße über die Ufer: die Prüm und die Nims. Die kleine Ortsgemeinde Irrel wurde dabei schwer getroffen. 120 Häuser standen teilweise im Erdgeschoss bis zur Decke unter Wasser. An den Irreler Wasserfällen haben die Wassermassen die Brücke weggespült. Der Flusslauf der Prüm hat sich nachhaltig verändert und ist jetzt an einigen Stellen doppelt so breit wie früher, auch das Flussbett ist jetzt tiefer. Die für die Irreler Wasserfälle typischen Felsblöcke sind teilweise flussabwärts geschwemmt worden, weitere Steine sind aus den Ufern gebrochen. Dadurch hat sich das Aussehen der Wasserfälle stark verändert. Die Region wird wohl nicht mehr so aussehen wie vor dem Hochwasser.

Ich folgte der Prüm über Prümzurlay bis hinter Peffingen. In der Nähe des schön gelegenen Ortes befindet sich bei der Huwelsley übrigens eine Tropfsteinquelle. Südwestlich von Bitburg liegt Enzen. Eine sehr schön restaurierte Brücke über die K 4 ermöglicht hier die Anbindung an die L 4, die von Irrel bzw. Echternach nach Neuerburg führt.

Wenig später hatte ich Hüttingen erreicht. Der Ort wurde erstmals 1136 in den Geschichtsbüchern erwähnt. Hier im Ort ist ein kleines Schmuckstück zu finden: das Ofen- und Eisenmuseum. In den dekorativ hergerichteten landwirtschaftlichen Räumen kann man über hundert verschiedene gusseiserne Öfen bestaunen, die alle funktionstüchtig sind. Doch das war ja heute nicht mein eigentliches Ziel. Ich wollte es nur mal erwähnen.

Die Fahrt ging also bald weiter. Hinter Körperich überfuhr ich die Our, der Fluss, der hier Deutschland von Luxemburg trennt. Ich hatte Vianden erreicht. Zunächst einmal hieß es volltanken. Bei unseren Nachbarn in Luxemburg sind Benzin und Diesel nämlich deutlich günstiger. Und das hat einen einfachen Grund. Der Staat legt hier nämlich die Preise an den Tankstellen fest und da kann man selbst beim Auftanken mit dem Motorrad bereits einige Euro sparen.

Kaum zweitausend Einwohner zählt der Ort Vianden, der wie so viele von einer gewaltigen Burg überragt wird, in diesem Fall der größten des Landes. Bereits aus der Ferne ist das Wahrzeichen der Stadt gut zu erkennen. Die Burg Vianden thront auf einem Hügel gelegen hoch über der Stadt. Vianden ist überregional aufgrund seines unverwechselbaren mittelalterlichen Charmes bekannt und bei Touristen daher sehr beliebt. Auch an diesem Donnerstag liefen hier viele durch den Ort oder warteten auf den Touristenzug, der sie zur Burg hinauf bringen sollte.

Zunächst ging es jedoch an der Burg Vianden und am hier oben gelegenen Pumpspeicherwerk vorbei. Um das Wasserreservoir herum führte dann der Weg in Richtung Esch-sur-Sûre immer entlang der Sauer mit ihren schönen Campingplätzen vorbei. Empfehlenswert ist dabei ein kurzer Abstecher hinauf zur Burg Bourscheid.

Im Nordwesten von Luxemburg wartete die Region, die bei Motorradfahrern sehr beliebt ist. Hier im südlichen Teil der Ardennen bietet das dicht bewaldete Mittelgebirge ein Netz kleinster und feinster Sträßchen, die oftmals einem mäandrierenden Wasserlauf folgen und für reichlich Kurvenspaß sorgen.

Bild: Blick auf Esch-sur-Sûre

Bis Heiderscheidergrund folgte die Straße exakt dem kurvenreichen Flusslauf. Der Abschnitt zählt zu den schönsten Motorradstrecken in Luxemburg. Kurven, Kurven, Kurven. Vor Esch-sur-Sûre legte ich einen kurzen Foto-Stopp ein. Als ich wieder weiterfahren wollte und den Anlasserknopf drückte, machte es jedoch nur ein kurzes PLOPP und der Motor rührte sich nicht. Ich wusste sofort, was geschehen sein musste, blickte hinunter zu den Vergasern und entdeckte, dass der linke Vergaser abgesprungen war.

Bilder: links der abgesprungene Vergaser - rechts das BMW-Bordwerkzeug (40 Jahre alt)

Wahrscheinlich saß die Schelle nicht fest genug und ich hatte zu wenig Gas beim Starten gegeben. Ist mir vor langer Zeit schon einmal passiert. Zum Glück gehört ja zu so einem alten Motorrad noch ein gut bestückter Werkzeugsatz. Also, alles kein Problem und die Fahrt konnte nach dem Wiederaufsetzen und Festziehen des Vergasers bald wieder weiter gehen durch tiefe Täler und schier endlos scheinende Wälder. Verträumte Dörfer mit alten Bauernhäusern sowie mittelalterliche Burgen und Burgruinen gibt es in dieser Gegend hinter fast jeder Ecke zu entdecken.

Bild: Blick auf die Sauer (Sûre) vom High-Chapparel-Cafe, eine sehr empfehlenswerte Biker-Kneipe in Luxemburg mit angrenzendem Campingplatz direkt an der Sauer,

Bild: Terrasse vom High-Chapparel.Cafe

Es war wenig los hier heute. Nur eine Gruppe belgischer Harley-Fahrer belegte einen der Tische und startete später lautstark als ich noch bei meinem Kaffee saß und die Gegend genoss. Ich hielt mich also nicht allzu lange hier auf und beschloss, meine Runde fortzusetzen. Ich werde bestimmt noch einmal vorbei kommen. Hat mir gut gefallen hier.

Bild: Oldtimer bei Esch-sur-Sûre

Esch-sur-Sûre gehört sicher zu den am meisten besuchten Ortschaften des Landes. Von hier aus bietet sich eine herrliche Rundtour um die zum See aufgestaute Sauer an. Die Strecke war nur wenig befahren und zeigte das Land von seiner grünen Seite mit ausgedehnten Wäldern und weiten Wiesen. Am der Staumauer machte ich noch einige Bilder bevor ich den Rückweg einschlug.

Bild: Am aufgestauten Beiwenerbach, der später in die Sauer (Sûre) fließt

Bild: im Müllerthal

Dabei durchfuhr ich auch die Kleine Luxemburger Schweiz, wie das Mullerthal auch genannt wird. Eine wilde Natur erwartet einen hier, rauschende Flüsse und Bäche, imposante Felsenlandschaften, naturbelassene Wälder sowie sehr beeindruckende und mit Moos bewachsene Felsmassive. Die Landschaft aus Sandsteinfelsen verdankt ihr eigentümliches Aussehen der über Jahrtausende wirkenden Erosion. Das vielfältige natürliche und geologische Erbe macht die Region zu etwas ganz Besonderem. Die bisweilen spektakulären Sandsteinformationen sind leider kein Geheimtipp mehr, wie die nach Luxemburger Maßstäben große Anzahl Vehikel auf den Sträßchen und Waldparkplätzen nahelegte.

Bild: im Müllerthal

Als ich am frühen Nachmittag nach 220 km wieder zufrieden zuhause vor der Garage stand, war mir wieder einmal klar geworden, dass es auch in Luxemburg abseits der Hauptstraßen wunderbare Strecken und malerische Orte zu entdecken gibt. Rasante Bergstrecken, einsame Schotterwege oder aussichtsreiche Panoramastraßen gibt es hier zwar kaum. Doch der Verkehr tendiert wochentags gegen null und nur ab und zu kommt einem ein Postbote im Renault Kangoo entgegen, oder ein Schulbus verteilt Kinder in den kleinen Dörfern.

Das hat doch auch was!

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