Sizilien 2009

Ein Tag in Palermo

Fr�h sitzen wir an diesem Mittwoch unten auf der sonnigen Terrasse der Pferderanch beim Fr�hst�ck, das umfangreicher als erwartet ausf�llt. Ein  kleiner Schnauzer be�ugt uns neugierig und kommt zwischendurch immer wieder einmal vorbei, um zu pr�fen, ob etwas f�r ihn unter den Tisch gefallen ist. Mitnehmen k�nnen wir ihn nicht bei unserem heutigen Weg in die gr��te Stadt Siziliens, vor deren Verkehr mir jetzt schon graut (... zur heutigen Strecke). Die wichtigsten Orte von Interesse sind im Navigationsger�t eingegeben. So schlimm soll es wohl nicht werden! Bald sind wir dann auch tats�chlich unterwegs zum ca. 50 km entfernten Palermo, dessen Verkehrsfl�sse an diesem Morgen deutlich d�nner erscheinen als noch am Vorabend bei unserer Ankunft. 

Zun�chst steuern wir das Convento dei Cappuccini an, ein Kapuzinerkloster, in dessen Keller etwa 8000 mumifizierte Leichen aus dem 17. bis 19. Jh. auf das J�ngste Gericht warten sollen. Eine amerikanische Reisegruppe hat gerade vor uns die Gew�lbe betreten, in denen Fotografieren untersagt ist. Lautstark beschwert sich einer der G�ste bei seiner F�hrerin und will partout nicht einsehen, warum er seine schwere Ausr�stung nicht benutzen darf. Wir machen keinen Terror und schie�en unterdessen trotzdem ohne Blitz einige Bilder:

Mumien im Convento dei Cappuccini

Hier unten treffen wir tats�chlich ein christliches Gruselkabinett an aus toten M�nnern, Frauen und Kindern, aufrecht, liegend, h�ngend mit Dr�hten festgehalten oder in S�rgen, aus denen eine Seite entfernt wurde, angetan mit zerfallenden Gew�ndern. Auf die kahlen Sch�del einiger der Toten hat man deren Namen aufgeschriebenen. Auch wenige S�uglinge sind unter den Toten. Bei einigen ist sogar noch das Geschlecht erkennbar, zum Teil besitzen die Mumien neben der zerfallenden Kleidung noch Haut und Haare. Es ist schon gruselig anzuschauen und wir fragen uns, warum man sich mumifizieren lassen muss. Was versprach man sich davon? Dass es jetzt zu einem guten Gesch�ft f�r die Kirche werden k�nnte, damit  hatte damals sicherlich niemand gerechnet.

Das Bild im Zentrum Palermos bestimmen heute barocke Palazzi und Kirchen, die unter spanischer Herrschaft vor allem im 17. Jh. gebaut wurden. Abgase haben die reich verschn�rkelten Fassaden vielfach geschw�rzt und allerorten br�ckelt der Putz. In der Innenstadt in N�he des Palazzo dei Normanni stellen wir das Motorrad ab. Wir wollen dort die wegen ihrer Mosaiken ber�hmte Cappella Palatina besichtigen. Die Kapelle ist jedoch zur Mittagszeit geschlossen und wir beschlie�en vorbei an offenen Handwerkst�tten weiter zu laufen zur Kathedrale. Wie ein Schlag trifft uns die orientalisch-m�rchenhafte Pracht der Kirche mit ihren vielen T�rmen aus unterschiedlichsten Epochen.  

in Palermo

An der Kreuzung Quattro canti trifft sich die Via Vittorio Emanuele mit der zweiten Hauptverkehrsader des Zentrums, der Via Maqueda. Brunnen sind an den Ecken der Kreuzung angebracht, deren Pl�tschern allerdings niemand wahrnimmt im unaufh�rlichen Verkehrsstrom. Auch mit Touristen beladene Pferdekutschen machen hier mit, zusammen mit Ape�s, Bussen und schwersten Motorr�dern, die sich  selbst durch engste L�cken hindurchquetschen k�nnen. Und dazwischen nat�rlich die ganz normalen PKW und nat�rlich Roller, das Hauptverkehrsmittel Palermos. Sch�tzungsweise jedes zweite Auto, das wir hier in Palermo sehen,  hat seitliche Schleifspuren. Nichtsdestotrotz erscheint die Anzahl der Neufahrzeuge uns sehr hoch..

Der kleine, bl�ten�berwucherte Kreuzgang des ehemaligen Klosters San Giovanni degli Eremiti ist eine der letzten Erinnerungen an die arabische Epoche. Nur dank der Umwandlung in ein katholisches Kloster �berdauerten die arabischen Spitzb�gen und die drei rosafarbenen Kuppeln �ber dem schlichten, rechteckigen Bau der einstigen Moschee die p�pstliche Zerst�rungswut.

In den Seitenstra�en des Zentrums findet jeden Morgen der farbenpr�chtige Markt statt. Musik aus Dutzenden von Radios mischt sich unter das Stimmengewirr von K�ufern und Verk�ufern unter den Sonnend�chern der Obst- und Gem�sest�nde, vor den Buden der Metzger und Textilverk�ufer. 

Alststadtmarkt Vucciria

Alle Ger�che des Orients wehen durch die von Sonnenschirmen und -t�chern �berspannten G�sschen zwischen den appetitlich feilgebotenen Waren. Mit fortschreitender Tageszeit gleicht der Markt immer mehr einem Basar und wird zu einem t�glich sich erneuernden Denkmal f�r das Morgenland, das Sizilien allen P�psten zum Trotz niemals verlassen hat. 

Auf einer umz�unten Baustelle klopft eine Gruppe von Bauarbeitern Steine passgerecht. Unkraut wuchert vor den meisten H�usern und M�ll liegt vielerorts auf den Gassen. Die H�user sind bauf�llig, und doch werden sie bewohnt und Gr�n w�chst auf den Balkonen, �ber denen auch oft W�sche h�ngt. Einige M�llcontainer mit ge�ffneten Klappen stehen vor einer mit Graffiti verzierten Mauer. Passt der M�ll nicht hinein, wird er einfach daneben abgestellt. Und das sieht man hier �berall. Ein M�llproblem gibt es nicht nur in Neapel,

Mauer in Palermo

Wir laufen die Via Vittorio Emanuele wieder zur�ck in Richtung Palazzo dei Normanni mit seiner wild zusammengef�gten Fassade. Palmen schm�cken die Pl�tze und Touristen machen Bilder von jeder S�ule und jedem Turm. Heute ist der Palazzo Sitz des sizilianischen Parlaments. Die Cappella Palatina im Inneren des Palastes m�sste jetzt offen sein, doch wir sind beide nach dem langen Fu�weg hungrig und brauchen zun�chst eine St�rkung. Der Tankrucksack auf dem Motorrad in der N�he enth�lt alles was wir brauchen f�r eine Wiederherstellung der Lebensgeister.

"Mittagessen" vor der Cappella Palatina

Als wir die Cappella Palatina im 1. Stock des Palastes betreten, stockt uns beinahe der Atem. Edelsteinen in einer Schatzh�hle gleich funkeln die byzantinischen Mosaike im D�mmerlicht.

Cappella Palatina

Der Fu�boden ist mit kunstvollem Marmor und Porphyr geschm�ckt. Die Decke aus Holz ist reich mit arabischer Schnitzkunst verziert. Gest�tzt wird diese von massiven Marmors�ulen mit korinthischen Kapitellen. Der H�hepunkt sind aber wohl die Mosaike an den W�nden und in der Kuppel.

Fu�boden in der Cappella Palatina

Nach dem Besuch der Cappella fahren wir auf einer kurvenreichen Strecke hinauf auf den Monte Pellegrino ca. 4 Kilometer n�rdlich des Stadtzentrums von Palermo. Wir genie�en den herrlichen Blick, den wir von hier oben auf Palermo und die K�ste haben. Seit dem 17. Jahrhundert ist der Monte Pellegrino ein bedeutender Wallfahrtsort. 1625 fand man in einer 25 Meter tiefen H�hle in einer H�he von 458 Metern den angeblich unversehrten Leichnam der Heiligen Rosalia. Als man ihren Leichnam nach Palermo brachte, endete umgehend eine Pestepidemie und Rosalia wurde zur Schutzheiligen der Stadt erkl�rt. 

Blick vom Monte Pellegrino auf Palermo

Dem Eingang zur H�hle wurde eine Kapelle im Barockstil vorgebaut. Hierin befindet sich ein gl�serner Schrein mit der liegenden Gestalt Rosalias. Regenrinnen im Inneren, die die abtropfende Feuchtigkeit der H�hlendecke ableiten sollen, lassen zun�chst an ein Kunstwerk denken. Vor der Kapelle unten auf der Stra�e stehen bunte Verkaufsst�nde mit Andenken und Kitsch f�r Touristen. Allm�hlich packt man jedoch alles wieder ein, denn jetzt am sp�ten Nachmittag erwartet man wohl keine Kunden mehr. Auf unserem Weg zur�ck zur Unterkunft legen wir im Bergdorf Alto Fonte auf dem Dorfplatz einen Stopp ein und beobachten das rege gesellschaftliche Treiben an diesem Sp�tnachmittag bei einem Eis.

Als wir zur�ck gekehrt sind zu unserer Pferderanch sind wir beide hungrig. Da kommt die Nachfrage, ob wir am Abendessen teilnehmen wollen, genau richtig. Es gibt mehrere G�nge, zu Beginn Antipasti mit getrockneten Tomaten, Oliven und Auberginen und die Gnocchi zum Hauptgang mit dem hausgebackenem Brot und Kartoffelp�ree schmecken hervorragend. Zum Nachtisch d�rfen wir uns dann auch noch �ber den Kuchen und den zur Verdauung gereichten Obstler freuen. Noch am n�chsten Morgen werden wir davon satt sein.

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